Eine '''Online-Demonstration''' oder ein '''Virtuelles Sit-In''' ist eine politische Aktionsform im . Durch wiederholtes Aufrufen einer bestimmten von zahlreichen Computern aus und innerhalb einer festgelegten Zeitspanne wird eine Blockade des s beabsichtigt, über den die betreffende Homepage erreichbar ist. Bei einem technischen Erfolg ist die entsprechende Webseite unerreichbar oder nur stark verlangsamt abrufbar.
Online-Demonstrationen tragen den Charakter einer Blockade oder eines Sit-Ins. Sie richten sich wie herkömmliche en gegen die Politik von Staaten, Konzernen, Organisationen usw. und zielen auf die Lahmlegung der Webseite durch Zugriffe zahlreicher Demonstranten.
Technisch gesehen sind Online-Demonstrationen eine bestimmte Form von -Attacken. Bei Online-Demonstrationen wird sich jedoch keiner fremder Rechner ? zum Beispiel in Form eines ? bedient. Um technisch zum Erfolg zu kommen, ist daher eine große Teilnehmerzahl notwendig.
Geschichte
Die erste dokumentierte Aktion im Rahmen dieses Konzeptes fand am 21. Dezember 1995 statt. Die Gruppe ''Strano Network'' veranstaltete ein Virtuelles Sit-In auf verschiedenen Seiten der französischen Regierung, um gegen die s auf dem Pazifikatoll zu protestieren. Internetnutzer waren dazu aufgerufen, diese Seiten für eine Stunde immer wieder aufzurufen. Dies hatte wenig Auswirkungen, da das Internet damals noch nicht die Popularität von heute besaß und deshalb wenig Resonanz und Teilnahme zu verzeichnen war. Erst drei Jahre später, am 29. Januar 1998, gab es die nächste direkte Aktion im Internet. Eine Stunde wurden verschiedene Seiten von mexikanischen Finanzinstituten blockiert. Eine ''Anonymous Digital Coalition'' hatte dazu aufgerufen mit dem Ziel, auf den Krieg zwischen der mexikanischen Armee und der in der Provinz aufmerksam zu machen.
Das ''Electronic Disturbance Theater'' (EDT) um Ricardo Dominguez hatte damals das ''Zapatista Floodnet Tool'' entwickelt, ein inzwischen legendäres Script, das automatisiert immer wieder die anzugreifenden Webseiten neu lud, um den betreffenden Server zu ?fluten?. Im Dezember 1999 war ''EDT'' am sogenannten beteiligt, einer wochenlangen Netzschlacht zwischen der Spielzeugfirma und der Künstlergruppe . Das ''EDT'' gilt heute als Vorreiter des elektronischen Widerstandes. Dominguez sieht Online-Demonstrationen in der Tradition der amerikanischen der 1960er Jahre und nennt sie ?Elektronischen ?.
Online-Demos in Deutschland
Die erste Online-Demonstration in Deutschland fand am 29. Juni 2000, zwischen 21:15 und 22:00 Uhr statt.
Fälschlicherweise wird als erste Online-Demonstration häufig eine Aktion der Initiativen und im Rahmen der ''Deportation.class''-Kampagne, die die Beteiligung von Fluggesellschaften an staatlichen durch vielfältige Aktionsformen kritisierte, bezeichnet. Die Organisationen riefen dazu auf, am Tag der -Aktionärsversammlung, die am 20. Juni 2001 in stattfand, die Homepage der Lufthansa für zwei Stunden zu blockieren. Die Demonstration wurde beim Kölner angemeldet. Als Versammlungsort gaben die Initiatoren ?www.lufthansa.com? an.
Schon vor ihrem Start hatte die Demonstration einen ersten Erfolg. Die Online-Demonstration wurde von vielen deutschen Print- und Internetmedien aufgegriffen und hatte auch weltweite Medienresonanz. In der Berichterstattung wurde auch über ihr Anliegen informiert und damit das Abschiebegeschäft der Lufthansa thematisiert. Über 13.000 Menschen beteiligten sich schließlich an der Online-Demonstration gegen Lufthansa. Zum Einsatz kam dabei auch eine Protest-Software, deren inzwischen veröffentlicht ist. Die Webseite des Konzerns war innerhalb der zweistündigen Blockade knapp zehn Minuten weltweit nicht erreichbar und auch in der übrigen Zeit nicht oder nur schwer aufrufbar.
Lufthansa stellte nach der Demonstration Strafanzeige. Im Rahmen der Ermittlungen kam es im Oktober 2001 zu Hausdurchsuchungen und zahlreichen Beschlagnahmungen in Privat- und Geschäftsräumen von ''Libertad!''. Im Frühsommer 2005 fand am ein Prozess gegen den Domaininhaber von ?www.libertad.de? wegen und Aufruf zu statt. Der Angeklagte wurde im Mai 2006 vom im freigesprochen. Das Gericht hat in der Urteilsbegründung festgestellt, dass eine Online-Demonstration ?weder das Tatbestandsmerkmal der Gewalt, noch das der Drohung mit einem empfindlichen Übel? erfüllt.
Rechtliches
Nur in Deutschland kam es bisher zu Strafverfahren gegen Online-Demonstrationen. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft interpretierte die Online-Demo gegen Lufthansa als Nötigung der Lufthansa-Kunden sowie der Lufthansa selbst. Nach einem zweitägigen Prozess schloss sich das Gericht dieser Auffassung an. Nötigung sei sowohl wegen Anwendung von als auch wegen Drohung mit einem empfindlichen Übel gegeben. Das Urteil war unter Juristen umstritten. Nicht wenige sehen Online-Demonstrationen durch das Grundrecht auf freie und gedeckt. Gegen das Urteil des Frankfurter Amtsgericht wurde im Juli 2005 eingelegt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sprach im Mai 2006 die Initiatoren der Online-Demo frei und erklärte, dass eine Online-Demonstration ?weder das Tatbestandsmerkmal der Gewalt, noch das der Drohung mit einem empfindlichen Übel? beinhalte (Aktenzeichen: 1 Ss 319/05). Seinerzeit gab es allerdings den heutigen noch nicht, der eventuell zu einem anderen Urteil geführt hätte.
Mittlerweile gibt es zur Frage, ob Online-Demonstrationen eine Versammlung im verfassungsrechtlichen Sinne darstellen, auch eine Stellungnahme der Bundesregierung: In ihrer Antwort auf eine der Fraktion
Literatur
- Alexander Klutzny: ''Online-Demonstrationen und virtuelle Sitzblockaden ? Grundrechtsausübung oder Straftat?'' In: ''''. 2006, S. 50 ff.
- Dieter Rucht: (PDF) In: ''Online-Journalismus. Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der Internet-Kommunikation. Ergebnisse der Kommunikations-Fachtagung des netzwerk recherche e. V. in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung''. Wiesbaden, 7./8. Mai 2005, S. 11?26.
- , : (PDF; 1117 kB) Stuttgarter Beiträge zur Organisations- und Innovationssoziologie 2013-02.
Weblinks
- (englisch)
- , dokumentiert durch
- anlässlich der Online-Demonstration gegen die Lufthansa
- (PDF; 535 kB)
- : (PDF)
Einzelnachweise
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